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Bahamas

Im Frühjahr 2010 unternahm ich einen dreiwöchigen Trip auf die Bahamas. Dieser hat mich bis heute nachhaltig beeindruckt und meine Liebe zum Schnorcheln entfacht. Natürlich war es mir wichtig fern aller touristischen Orte zu bleiben. So war der Plan mehr als simpel: anreisen, keine Ahnung haben und einfach loswandern – möglichst dorthin, wo es möglichst einsam und schön ist.
So richtig schön waren die ersten Eindrücke aber nicht, denn Nassau selbst ist eine relativ hässliche Stadt, die einerseits von ihren starken Kontrasten lebt, andererseits ganz einfach davon, so gänzlich anders als Mitteleuropa zu sein. Man steigt aus dem Flieger, schnallt sich den Rucksack auf und ist in einer anderen Welt. 
Die Kontraste bestehen aus der Tourismuswelt einerseits, und den Armenvierteln Nassaus andererseits. Die Hauptstadt der Bahamas ist auch die einzige richtige Stadt, und die hat es in sich. Mit einer hohen Kriminalität ausgestattet lädt sie nicht allerorten zum flanieren ein. Während der ersten Wanderung hielt die Polizei und fragte ob sie mich in die Innenstadt fahren solle. So bekam ich meinen ersten Tramp und mit einigen Umwegen und kleinen Einsätzen etwas vom Nassauer Nachtleben mit. Am Hafen übernachtete ich zwischen Ratten und alten Muscheln unter einer Art Carport.

Tags darauf suchte ich die Stadt nach einem Gaskocher ab (erst bei späteren Reisen verzichtete ich darauf und empfand den Gaskocher zunehmen als Ballast, der komplett unnötig ist – Müsli und Nüsse langen und gehen mit kaltem Wasser). Dann buchte ich eine Fähre und bereits am Abend war ich auf dem Weg auf die "Outer Islands", Great Exuma.
Das Wetter war herrlich und nach einem weiteren Tramp, zwischen netten, komplett bekifften Bahamaern, erreichte ich einen leeren, weißen Strandabschnitt. Hier kehrte nun ein bisschen Ruhe ein. Der Strand war, obwohl nahe der Ortschaft, recht einsam, nur selten, wenige Male am Tag kam ein Spaziergänger vorbei. Von Touristen keine Spur. Zum Schnorcheln war das indes noch nichts. Ich musste erst lernen, dass die schönsten Schnorchelplätze die sind, wo sich Wasser verwirbelt und den Tieren Schutz bietet, wie in Buchten, an Steinklippen oder Felsen. Auch solche Flecken fanden sich. 

Falls mal ein Hotel kam wurde es schnell umwandert. Touristen außerhalb ihrer Anlagen sah ich sehr selten. Niemals hätte ich gedacht so viele einsame Strände zu finden, wo es sich ungestört zelten lässt. So machte ich meine ersten Schnorchelerfahrungen, erschrack mich das erste Mal vor einer Moräne, begutachtete Feuerfische (die wohl zu einer Plage der Karibik werden) und konnte mich an all den kleinen Fischlein nicht sattsehen. Die Menschen waren alle nett und eine Gelegenheit zum trampen gab es fast immer. Einige nahmen gern einen Dollar, einige wollten absolut nichts haben.

Ich war erschrocken über den Mangel an Fischerbooten. Eigentlich plante ich am Ende von Exuma mir ein Boot zu chartern und mich von einem Fischer zur nächsten Insel übersetzen zu lassen. Doch es gab keine. Was in Dänemark, an der Ostsee, normal ist, ist auf Exuma leider unüblich. Lieber kaufen die recht armen Bahamaer importierten Fisch aus der Dose, als selbst zu fischen. Abstrus. Ohnehin ist es schade, wie wenig Geschäftssinn zum einen herrscht und wie sehr doch dem Westen nachgeeifert wird. Anstatt sich also in den Genuss der Natur, fern der Industrialisierung zu begeben wird der Westen mit seinen Verlockungen gern angenommen, aber die wirtschaftlichen Schritte dorthin nicht verstanden. Widersprüchlich und schade. – Ebenso, wie die Verschmutzung der eigenen Inseln. So, wie wir es auf vielen Reisen sahen war es auch dort: je ärmer die Menschen, desto weniger Sinn für schönes, wie einen gepflegten Garten, bleibt. Was seltsam ist, denn die Bahamaer wirken nicht überarbeitet. Zeit genug hätten Sie, der Sinn dafür fehlt einfach. Dies mag zwar westliches Denken sein, aber ich bezweifle, dass die Anwohner es selbst hübsch finden, den Müll einfach auf der anderen Straße in den Knick zu schmeißen.

So nahm ich einen Inlandsflug von Exuma nach Eleuthera. Diese haben natürlich mit unseren Standards nichts gemein, sind aber amüsanter und ziemlich günstig. Wahrscheinlich stürzen die kleinen Maschinen, deren Sitze auch schon mal behelfsmäßig mit Klebeband zusammenhalten, auch nicht häufiger ab. 
Auf Eleuthera war es der gleiche Alltag: Wandern, abgelegenen, schönen Zeltplatz suchen, gern mal den Daumen raushalten (was fast unnötig ist, da immer jemand anhält und von allein fragt: "wan't a ride?", Trinkwasser besorgen und Schnorcheln. Zwischendurch bekam ich den Tipp für eine Grotte, die, bis auf die Graffitis, spannend zu erforschen war. Am Ende der langen, schmalen Insel nahm ich ein Wassertaxi auf die kleine, knapp 12 km lange Insel Current Island.

Auf Current Island leben die Menschen noch einmal abgeschiedener. Die knapp 70 Einwohner gelangen nur mit dem alten Boot zur größeren Insel und dies nur zweimal am Tag – oder so, wie der ältere Skipper grad Lust hat. Aber es scheint zu klappen und alle kennen sich. Es würde mich nicht wundern, wenn bisher nur eine Handvoll Touristen je auf der kleinen Insel war. Die Kinder liefen einem nach, und klauten glatt 20 Euro aus dem Zelt, als ich grad schnorcheln war. Dies bemerkte ich allerdings erst in Deutschland, als ich eine Bahnkarte vom Flughafen nach Haus kaufen wollte. Sei es ihnen gegönnt, sie waren alle nett. Ich verbrachte einige Tage auf der Insel und besuchte dann den krassen Gegensatz, eine reine Touri-Insel namens Spanish Wells. Hier war der Schauwert etwas höher, aber natürlich auch nur oberflächlich betrachtet. Mir sind die ruhigen, natürlichen Flecken lieber. 

Die Bahamas waren eine schöne, intensive Reise. Gut drei Wochen, in denen ich drei große und zwei kleine Inseln durchquerte und von allen Seiten begutachtete. Da die Inseln so schmal sind und wenig Nebenstraßen bieten, hat man wirklich das Gefühl viel gesehen zu haben. Es ist schön, wie einsam man sein kann. Dies ist gleichzeitig bitter für die Menschen dort, die ohne genügend Touristen unter einer hohen Arbeitslosigkeit leiden. Wiederum sind die Menschen auch sehr unkreativ und mit wenig Willen und/oder Geschäftssinn ausgestattet. Da liegt das karibische Meer vor der Haustür, die Sonne brennt, die Aussicht ist herrlich und die Bevölkerung ist arm? – das muss doch wirklich nicht sein.

Ich freue mich schon jetzt auf eine Rückkehr.

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