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Eine Ode an unsere Beamten

Beamte haben es nicht leicht in unseren Landen, ihr Ruf ist nicht der beste, Kürzungen machen auch vor ihnen nicht halt. Noch vor wenigen Jahren nahm ich, wenn meine Mitbürger wetterten, unsere Beamten in Schutz und sagte Sätze wie: „…die arbeiten sicherlich mehr als der Durchschnitt so glaubt…“ oder „…die haben es auch nicht leicht…“
Schon immer versuchte ich, dem gesellschaftlichen Tenor nicht nach dem Munde zu reden, sondern, mir ein eigenes Bild zu verschaffen und nicht zu verallgemeinern. Auch heute würde ich niemals sagen, dass alle Beamten gleich gut, oder gleich schlecht, gleich ignorant oder gleich freundlich sind. Aber eines weiß ich heute und widerspreche dem alten Falk entschieden:
„Beamte und Ämter sind eine echte Plage.“

Dies schließt übrigens Banken ebenso ein, doch möchte ich diese gesondert besprechen.

Nach einigen Jahren im Erwachsenenleben, in dem ich Wohneigentum besaß und mehrere Selbstständigkeiten, in dem ich heiratete und Jobs suchte, machte ich mehrere Erfahrungen, und eigentlich alle waren negativ. Beamte sind eine wirkliche Plage, denn sie kosten den unbescholtenen Bürger Zeit, Nerven und auch Geld. 
Ein gern genommenes Vorurteil ist das mangelnde Selbstdenken, das starre Paragraphendenken. Dies stimmt, niemals erlebte ich einen Beamten, der bestrebt war unsinnige Richtlinien etwas freier auszulegen oder der mutig war, etwas eigenmächtig zu entscheiden. Das Arbeitskorsett scheint derart eng und starr, dass der arme Beamte es aufgibt dieses zu personalisieren – mir tun Beamte eigentlich sehr leid. Ein Maurer mauert immer mal eine andere Mauer, nutzt neue Materialien, sieht andere Gegenden – ein Beamter sitzt in einem wirren aber immergleichen Konstrukt, in dem ihm nicht gestattet wird, frei zu denken. Vielleicht haben Beamte aber auch mehr Möglichkeiten, als sie dem Bürger weiß machen, vielleicht ist es ein ungeschriebener Kodex unter Beamten. Vielleicht soll dem Bürger glauben gemacht werden, es ginge nur so und so und somit erspart der Beamte sich eine komplizierte Zukunft, in der Fälle individuell entschieden werden können. Dies würde ja bedeuten, das zum einen das selbstständige Denken reaktiviert werden müsste und zum anderen müsste auch die längst eingemottete Empathie für Mitlebewesen neu erlernt werden. Ein Haufen Neuerungen, die man vermeidet, in dem man ganz einfach alles so verarbeitet, wie es irgendwann niedergeschrieben wurde.

Ein Beispiel:

Wir interessierten uns einst für eine Landwirtschaftsfläche, auf der wir eine Hundepension gründen wollte. Um zu wissen, ob dies erlaubt sei, mussten wir einen Bauvorantrag einreichen. Dies fanden wir schon seltsam kompliziert, waren schon telefonisch viel zwischen Gewerbeamt und Bauamt und Vermieter gependelt und reichten diesen Antrag dann ein. Nach der ersten Sichtung des Antrags fanden wir eine andere Fläche und zogen den Antrag zurück. Was kostet nun so ein Antrag, der noch gar nicht abschließend bearbeitet wurde? – 25,- Euro? – Nein, 250,- Euro wurde uns in Rechnung gestellt.
Wir waren verdutzt und fragten nach. Nein, das sei schon korrekt, soviel koste ein Bauantrag. Wir entgegneten, dass wir nichts bauen wollten, sondern nur erfragen mussten (!), ob wir auf der Fläche eine Hundebetreuung betreiben dürften. Wir hatten ja nur diese eine Option.
Am Ende wurde uns nahegelegt, Widerspruch einzulegen. Dies taten wir. Wir beschrieben den Sachverhalt, dass wir keine Eigentümer seien, sondern nur anmieten wollten, dass wir nichts bauen wollten, sondern nur eine Frage hatten, diese sei nun mal anscheinend nur über einen Antrag zu stellen. Und dass uns niemand sagte, dass so eine kleine Frage 250,- kostet. Es ging ja nicht um das Geheimnis des Lebens, der Frage nach Gott, sondern ob man auf der Wiese Hunde betreuen darf.
Der Widerspruch wurde abgelehnt. Die Begründung: Es wurde nachgerechnet und die Summe stimme. 
Das fanden wir zum einen ärgerlich, aber irgendwie auch zum schießen lustig. Nahezu albern und ulkig. Wir antworteten, dass uns die Rechnung recht egal ist, wir sehen nicht ein, soviel Geld zu zahlen und dass uns niemand sagte, dass der Antrag derart viel kostet.

Die Antwort war, dass man als Bauherr doch mit solchen kosten rechnen muss.

Wir antworteten, dass wir doch nichts bauen wollten, wir wollten mieten und Hunde betreuen. Deshalb haben wir doch einen Widerspruch eingelegt. Wäre schön, wenn jemand unseren Fall mit eigenen Gedanken bewerten würde.

Die Antwort war, dass alles korrekt sei und die Summe stimme. Der Widerspruch sei von vornherein aussichtslos.
Die Frage, warum man uns dann nahegelegt hatte, diesen einzulegen, ersparten wir beiden Seiten.

Wir haben bis heute nicht gezahlt und reizen das Ganze gerade mit unserem Anwalt aus. So herrlich wird im Bauamt Stormarn gearbeitet. Aber da sind diese in guter Gesellschaft.

Ganz bestimmt gibt es auch andere Beamte, gute Typen, die versuchen, nicht nur nach Schema F zu arbeiten – doch dies sind leider Ausnahmen. Wir trafen bisher eher die Regelarbeiter, und bei denen darf man nicht damit rechnen auf viel menschliches zu treffen. So wie im Falle unserer Heirat.

Diese sollte auf Rügen stattfinden. Trauung in einem Saal am Königsstuhl, den Steilklippen an der Ostsee. Wir buchten ein Traumpenthouse und besprachen uns mit einem Restaurant, das nicht nur in der Lage war, vegan und bio zu kochen, sondern dies sogar sehr gern tat. Soweit war alles perfekt. Doch dann hörten wir von der nur mäßig höflichen Standesbeamtin Frau Schröter, dass am Samstag nicht gearbeitet wird.
Wir fragten, ob Hochzeiten nicht üblicherweise am Wochenende sind? – „Nein, kirchliche ja, aber doch nicht beim Standesamt.“ – Dies finden wir schon reichlich seltsam, denn es kann doch nicht unüblich sein, am Wochenende zu heiraten? Man möchte doch Freunde und Familie einladen und die haben gewöhnlich Samstags mehr Zeit als am Mittwoch. Dies hat, unserer Meinung nach, nichts mit Service und Dienst am Bürger zu tun, sondern mit antiquiertem Denken.
Darüber hinaus empfinden wir die meisten Standesbeamten als nicht überschwänglich freundlich. Nicht nur auf Rügen nicht, sondern auch in der Vergangenheit fiel uns dies schon auf. Dabei ist dies doch ein Job, der das Leben von Menschen nachhaltig prägt. An den Hochzeitstag erinnern die Leute sich ein Leben lang, berichten ihren Enkeln noch im Detail von allem und wer will dort schon einen mäßig gelaunten Beamten sitzen haben? – nein, da erwarten wir einhundertprozentige Freundlichkeit, Zuvorkommenheit und absoluten Service. Wer dies aus Mentalitätsgründen nicht kann, hat leider den falschen Job.
Wir planten dann mit dem Freitag und erfragten die freien Zeiten. Die Antwort: „Um 10:30 Uhr geht das.“ – „Oh, nicht nachmittags?“ – „Nein, wir fahren immer nur um 10:30 Uhr zum Königsstuhl“.
Ja, der vorbildliche Service zieht sich durchs Programm. Ist schon seltsam, dass man einen Standesbeamten nicht hinkommen lassen kann, wo man ihn haben will – gern gegen hohe Gebühr. Aber dass es nicht einmal diese Option gibt, ist schon ein starkes Stück – es geht doch nicht um einen neuen Personalausweis, sondern um den berühmten wichtigsten Tag des Lebens.
Nun, wir beschlossen dann, doch am Samstag zu feiern. Zum Standesamt wollten wir mit einem Flaschenbier und in Jeans gehen, sagen, dass wir kein Aufheben wollen, einfach nur eine Unterschrift und gut ist… die Zeremonie sollte dann selbst am Königsstuhl mit einem freien Redner vollzogen werden, ohne die unangenehme Gesellschaft einer verklemmten Beamtin, die Samstags ungern arbeitet. Wo kämen wir denn dahin, wenn Beamte nun auch noch am Samstag arbeiten müssen… so wie der ganz normale Pöbel. Wahrscheinlich würde das Universum implodierten, wenn ein Beamter an einem Samstag im Büro einen freien, eigenständigen Gedanken fabriziert.  
Die hauptverantwortliche Beamtin ging vor kurzem in den Urlaub und ihre Vertretung, die schon sehr viel freundlicher war, teilte uns dann, oh Wunder, mit, dass es sehr wohl ginge am Samstag zu heiraten – sie wisse gar nicht, warum die Kollegin dies so kommunizierte.

Wir freuen uns natürlich, nun doch die Zeremonie wie geplant stattfindet zu lassen, aber solche Beispiele zeigen uns Normalbürgern die Machtposition der Ämter. Wo ist da der Unterschied zu einem korrupten Land in Europas Osten? – Willkür dort wie hier. Nur, dort bekommt man wenigstens für einen gut gefühlten Briefumschlag die erwünschte Leistung. Da kann man sich wenigstens noch auf Vereinbarungen Verlassen – hier haben wir zwar weniger Korruption, ist aber von aller Menschenvernunft verlassen.

„... wir möchten doch nur ein Zelt dauerhaft auf die Wiese stellen...“

„Das ist nicht erlaubt – aber Sie können ja einen Antrag stellen.“

„Und besteht die Chance, dass wir es dann doch dürfen?“

„Nein, es ist ja verboten...“

„Aber warum sollen wir dann den Antrag stellen?“

„Nun, sie können es versuchen.“

„Also besteht doch eine kleine Chance?“

„Nein, ist ja verboten.“

„Aber warum sollten wir dann den Antrag ausfüllen?“

„Ich kann es ihnen ja nicht verbieten.“

„Aber es hätte keine Aussicht auf Erfolg, weil sie es ablehnen?“

„Ja ... aber ausfüllen können sie den Antrag ja schon.“

„Ist das versteckte Kamera?“
                                                                                       

(Auszug aus einem Dialog zwischen Cat und Herrn Piel vom Bauamt Stormarn)


Das die deutschen Ämter derzeit mit so ein paar Flüchtlingen so hoffnungslos überfordert sind wundert uns nicht – ein unorganisierter Haufen Gutmenschen stellt da mehr auf die Beine, weil wirklicher Wille die Grundlage ist. Es ist peinlich für die ordnungsliebenden Deutschen, die sich doch immer so viel auf diese germanischen Tugenden  eingebildet haben. Diese Tugend ist aber keine Tugend, es ist ein Rettungsanker, ein Beatmungsgerät, dass den Beamtenherzschlag diktiert. Ohne diese strengen Regelwerke wüsste der gute Deutsche gar nicht, was er machen soll, wenn mal etwas nicht nach Antrag und System geschieht. Staaten, die so sind, zerbrechen von innen heraus. Deshalb konnte die RAF damals dieses Land ins Chaos stürzen, und deshalb ist ISIS so stark ... die stellen einfach keine Anträge, bevor sie aktiv werden – Frechheit!

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